Erinnerungsorte an den Zweiten Weltkrieg in Deutschland und in Polen
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Jarogniewice – Denkmal für die Opfer der Euthanasie
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Im Zuge der sogenannten Euthanasie, auch „Aktion Gnadentod“ genannt, wurden im Dritten Reich unheilbar Kranke ermordet. Die Nationalsozialisten ließen sich dabei ausschließlich von sozialen und ökonomischen Faktoren leiten; daher wurden die Kranken zu einem für das Reich wertlosen Element erklärt. Die Tötungsaktion wurde unter dem Decknamen „T4“ durchgeführt. In Kościan (Kosten) wurde die Tötung der Menschen vom Sonderkommando Lange ausgeführt, benannt nach ihrem Leiter, SS-Untersturmführer Herbert Lange, das aus ca. 20 SS-Funktionären und 60 Polizisten bestand. Die Aktion dauerte von Januar bis Februar 1940. Man benutzte dazu Lastwagen, die als Gaskammern fungierten und 50 bis 70 Personen fassten. Die Tötung erfolgte durch Motorabgase oder reines Kohlenmonoxid.
Der Abtransport der Häftlinge verlief unauffällig. Die Kranken, die in ihrer eigenen Kleidung weggebracht wurden, lud man in den Wagen und gab einigen von ihnen Beruhigungsspritzen. Um den eigentlichen Zweck des Fahrzeugs zu vertuschen, war es mit der Aufschrift „Kaiser’s Caffee Geschäft” bemalt. Zwischen dem 15. und 22. Januar 1940 wurden 534 Kranke (297 Frauen und 237 Männer), außer Polen auch drei Juden, zwei Deutsche und eine Russin, in den Wald von Jarogniewice gebracht. Später wurden auch 250 psychisch oder unheilbar kranke Menschen aus dem Norden des sogenannten Altreiches hierher gebracht, ermordet und begraben. Wahrscheinlich sind hier auch die sterblichen Überreste von 48 geisteskranken Frauen aus der Heilanstalt St. Josef aus Osieczna bei Leszno vergraben.
Am 25. April 1944 begann ein SS-Sonderkommando damit, die Spuren der Verbrechen in Jarogniewice zu beseitigen. Die Gräber wurden ausgehoben und die Leichen verbrannt. Die Gräber der zwischen dem 15. und 22. Januar 1940 ermordeten Kranken aus der Psychiatrischen Landesanstalt in Kościan (während der deutschen Besatzung offiziell „Landesheilanstalt Kosten“ genannt) befinden sich im Wald unweit von Jarogniewice.
Anna Ziółkowska
Im Wald unweit von Jarogniewice stehen seit 1946 zwei Kreuze mit Gedenktafeln, die an die ermordeten Männer und Frauen erinnern. Am 31. März 1946 wurde eine Urne mit der Asche von Opfern in der Gruft des Mausoleums für die Opfer des Zweiten Weltkriegs auf dem Friedhof von Kościan beigesetzt. 2004 wurde im Wald von Jarogniewice ein Granitblock mit folgender Inschrift errichtet: „In Erinnerung an die von den Nazis 1940 ermordeten Polen, Juden und Deutschen, die unter dem Wald von Jarogniewice ruhen.“ Darunter steht: „Alles Reden ist so voll Mühe, dass niemand damit zu Ende kommt.“ (Buch der Prediger 1,8).
Anna Ziółkowska
Jarogniewice – Denkmal für die Opfer der Euthanasie
Jarogniewice, Polen
Anfahrt: Jarogniewice liegt an der E 261, ca. 8 km nördlich von Kościan entfernt. Das Granit-Denkmal ist im Wald in der Nähe des Dorfes zu finden.