Erinnerungsorte an den Zweiten Weltkrieg in Deutschland und in Polen
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Jedwabne – Denkmal für die ermordeten Juden
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In der Kleinstadt Jedwabne lebten vor 1939 etwa 1.600 Juden. Ab 1939 befand sich Jedwabne, wie der gesamte Bezirk Białystok, erst unter sowjetischer Besatzung, dann ab Juni 1941 unter der deutschen. Am 10. Juli 1941 kam eine Gruppe deutscher Funktionäre nach Jedwabne und stiftete die Einwohner des Städtchens an, gegen die Juden des Ortes und der Umgebung vorzugehen. Dies war Teil einer breiten deutschen Kampagne, die darauf abzielte, die Bevölkerung in den frisch besetzten Gebieten zu antijüdischen Aktivitäten anzustacheln. (Dazu gehörten auch die Pogrome in Litauen und der West-Ukraine, die von litauischen und ukrainischen Nationalisten begangen wurden.) Polnische Einwohner von Jedwabne und Umgebung ergriffen die Initiative. Sie trieben die Juden aus ihren Häusern, sammelten sie auf dem Marktplatz, quälten sie und sperrten sie schließlich in eine Scheune, in der sie bei lebendigem Leibe verbrannt wurden. Zu ähnlichen Pogromen, wenngleich in geringerem Ausmaß, kam es in den benachbarten Städtchen Radziłów und Wąsosz, veranlasst von den gleichen Deutschen wie in Jedwabne.
Jedwabne liegt in einer Region, wo vor 1939 die „Nationaldemokratie“ („Demokracja Narodowa“) die stärkste politische Kraft war und Parolen eines konsequenten Antisemitismus verbreitete.
Hinzu kamen die Erfahrungen der sowjetischen Besatzung und die verbreitete Auffassung, der Kommunismus sei ein Werk der Juden.
Michał Czajka
1949 wurde den am Pogrom von Jedwabne in Łomża beteiligten Polen der Prozess gemacht. Elf Täter wurden zu Haftstrafen verurteilt. Danach wurden die Ereignisse von Jedwabne vergessen, wozu vor allem die kommunistische Zensur beitrug, die keine Nachrichten zuließ, die ein schlechtes Licht auf Polen warfen. An Jedwabne erinnerte erst wieder Jan Tomasz Gross mit seinem Buch „Nachbarn. Der Mord an den Juden von Jedwabne“, das in Polen stürmische Diskussionen hervorrief. In Frage gestellt wurden sowohl die Rolle von polnischen Einwohnern beim Pogrom als auch die Zahl der Opfer. Die Untersuchung des Instituts für Nationales Gedenken von 2001 bis 2002 bestätigt im Wesentlichen die Darstellung von Gross und weist darauf hin, dass die Deutschen die Verbrechen zwar anstifteten, dass sie aber von Polen begangen wurden. Durch die im Jahr 2001 durchgeführte Exhumierung konnte festgestellt werden, dass in zwei Massengräbern etwa 450 Opfer ruhen. Die von Gross angegebene Zahl von 1.600 Opfern, die sich auf Zeugenberichte aus der direkten Nachkriegszeit stützt, ist demnach zu hoch angesetzt. Am 10. Juli 2001 – dem 60. Jahrestag – enthüllte der polnische Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski in Anwesenheit von Szewach Weiss, dem israelischen Botschafter in Polen, in Jedwabne ein Denkmal für die Opfer des Pogroms. Im Namen aller Polen, die von den Verbrechen in Jedwabne tief betroffen waren, bat das Staatsoberhaupt um Vergebung.
Das erwähnte Buch von Jan T. Gross sowie sein im Jahr 2008 in Polen erschienenes Werk „Strach“ (Die Angst) haben in Polen für bis heute anhaltende Diskussionen über das polnisch-jüdische Verhältnis gesorgt.
Michał Czajka
Jedwabne – Denkmal für die ermordeten Juden
Jedwabne
Anfahrt: Jedwabne liegt an der Straße 668, ca. 17 km nordöstlich von Łomża.